ruangrupa, die Kunst-Verbinder aus Indonesien

Das Künstlerkollektiv ruangrupa aus dem indonesischen Jakarta gilt als eine der maßgebenden Arbeitsgemeinschaften
von Künstlern*innen aus dem südostasiatischen Raum. In der internationalen Kunstszene waren die Arbeiten des im Jahre 2000 gegründeten Kollektivs ruangrupa, was so viel bedeutet wie Raum der Kunst, bis vor wenigen Jahren kaum bekannt. Der Kern der Gruppe besteht aus zehn indonesischen Künstlern*innen, die gemeinsam bei Projekten kooperieren. Als Direktor der Gemeinschaft fungiert Ade Darmawan, ein Künstler, der sich vorwiegend mit Installationen, Videos und Digitaldrucken beschäftigt.

Lumbung: vom Speichern und Verteilen

Das Kollektiv agiert im Geiste einer Non-Profit-Organisation. Es kreiert und bereitet Räume für gemeinsame Kunstprojekte, Film- und Diskussionsabende und Partys an verschiedenen Orten der indonesischen Hauptstadt Jakarta. So ist es auch wenig verwunderlich, dass sich die ruangrupa-Künstler*innen auch in ihren Arbeiten mit der Kunst im Umfeld des städtischen Raumes auseinandersetzen. Daneben ist die Gruppe in vielfältigen Metiers aktiv, etwa einer Galerie und einem Radiosender.

Das Leitbild des Art-Teams drückt das Wort „Lumbung“ am besten aus: Es meint im Indonesischen die gemeinschaftliche Bewirtschaftung einer Reisscheune. Sinnbildlich geht es auch bei ruangrupa um eine Verteilung, besser eine Neuverteilung materiellen und geistigen Reichtums. Und dies nicht nur in Indonesien, das immer noch mit den Folgen des abgesetzten Suharto-Regimes vor über 20 Jahren zu kämpfen hat.

Ziel der Künstler*innen ist es, den bekannten Gesellschaftsentwürfen neue entgegenzusetzen. Ressourcenschonung, nachhaltiges und kooperatives Wirtschaften stehen auf der ruangrupa-Agenda. Konsumkritik und die mit konsumorientierten Gesellschaften verbundene Gewalt, ausgelöst durch eine ungerechte Verteilung von Kapital, finden in unterschiedlichsten Formen Eingang in den künstlerischen Schaffensprozess der ruangrupa-Künstler*innen.

Neben der Umverteilung nimmt das Bewahren eine wichtige Rolle ein. Die Gruppe widmen sich neben Kunstprojekten auch der Forschung, geben Bücher und ein Online-Magazin, Karbon, heraus. Bei so viel kollektivem Engagement war es nicht verwunderlich, dass ruangrupa der Sprung über Indonesiens Grenzen hinweg gelang.

ruangrupa – weltweite Erfolge: viele Schritte und lange Wege

ruangrupa nahm an hochkarätigen Kunstveranstaltungen im internationalen Kontext teil, hierbei teils in leitender Funktion. Besonders hervorzuheben sind die Istanbul Biennale 2005, die Singapore Biennale 2011 und die Sonsbeek 2016 im niederländischen Arnheim. Bei letztgenannter Ausstellung für zeitgenössische Kunst war das Kollektiv ruangrupa kuratorisch in der internationalen Kunstwelt im Einsatz.

Ihre bislang größte Anerkennung fand ruangrupa in der Bekanntgabe, dass die Künstlergruppe aus Jakarta die künstlerische Leitung der documenta fifteen 2022 in Kassel übernehmen würde. Die Verantwortlichen verbanden mit ihrer Entscheidung, dass die Künstler aus Indonesien es schafften, eine künstlerische Breitenwirkung zu entfachen und der seit 1955 stattfindenden documenta frischen Wind einzuhauchen. Zudem sprächen ruangrupa mit ihren reichhaltigen Themen rund um Nachhaltigkeit und Ökologie den Zeitgeist an, ohne sich dabei Klischees bedienen zu wollen.

Netzwerker: von der Kunst des Wir

ruangrupa verkörpern als Kollektiv nicht nur die südostasiatische Kunstszene wie keine andere Gruppe von Künstler*innen aus Indonesien. Sie stellen ihre Mission in den Mittelpunkt der Arbeiten: mit Menschen über Kunst ins Gespräch kommen, Austausch und Wissensvermittlung in vielen gesellschaftlichen Einrichtungen, wie Universitäten, Schulen und Krankenhäusern. Von Medien als sanfte Rebellen tituliert machen sich ruangrupa auf, den Menschen ins Zentrum der Kunst zu holen.

Mehr Informationen unter: https://ruangrupa.id

Signums sine Tinnitu stellt in dieser Serie die einflussreichsten Künstler unserer Zeit vor. Als Galerie für zeitgenössische Kunst fördern und publizieren wir Künstler aus allen Bereichen modernen Schaffens.