Hans Ulrich Obrist – der Kurator der niemals schlafen möchte

Date : 9. Juli 2018

Künstlerbiographie Hans Ulrich Obrist iconDer 1968 in Weinfelden, Schweiz, geborene Hans Ulrich Obrist ist ein weltweit bekannter und geschätzter Kurator für zeitgenössische Kunst. Obrist, der auch als rastloser Marathonmann der Kunstwelt bezeichnet wird, leitet heute die Serpentine Galleries in London – eines der bedeutendsten Kunsthäuser der Welt. Der Kurator machte sich bereits in den 90er Jahren als nimmersatte Netzwerkmaschine der Kunstwelt einen Namen. Wen er kennenlernen wollte, den besuchte er persönlich und immer mit dem Nachtzug – kreuz und quer durch Europa. Das Netzwerken wurde zu seiner Passion und bestimmt auch heute sein ganzes Schaffen. So dürfte es mittlerweile kaum einen Kunstschaffenden geben, den Obrist nicht ausgestellt hat, persönlich kennt oder interviewt hat.

 

Hans Ulrich Obrist und sein Weg in die Kunstwelt

Obrist selbst wollte nie Künstler werden. Er studierte Wirtschaft und Politik, schließlich ein paar Semester Kunstgeschichte. Schule langweilte ihn. Der Kunst dagegen verfiel er schon als Teenager. Sein großes Vorbild war damals der Kurator Harald Szeemann dessen berühmte Züricher Schau über seine Gesamtkunstwerke er ganze 41 Mal besuchte. Obrist stalkte quasi seine Idole – sein Weg in die Kunst war der eines penetranten Fans. Seine erste Ausstellung veranstaltete der damals 23 -jährige Autodidakt 1991 in der Küche seiner Studentenwohnung in St. Gallen. Hier präsentierten Künstler wie Fischli & Weiss, Hans-Peter Feldmann oder Roman Signer ihre Werke zwischen Kühlschrank und Spülbecken. In der aufgeregten Kunstwelt gilt diese Ausstellung heute als kleiner Meilenstein, schaffte sie es doch die Grenze zwischen Kunst und Alltag zu verschieben, auch wenn damals, wie Obrist zugibt, nur 29 Besucher kamen.

Nach Stationen als Kurator in Wien und Paris holte ihn Julia Peyton-Jones, damals noch alleinige Direktorin der Londoner Serpentine Gallery im Jahr 2006 als Co-Direktor zu sich nach London.

An seinen Wochenenden, arbeitet Obrist als freier Kurator und hat weltweit ca. 200 Ausstellungen sowie diverse Biennalen organisiert, viele davon wegweisend.

Er ist außerdem der Gründer des Museums Robert Walser und Mitglied des Kuratoriums der Kunststiftung der Allianz. 2009 und 2015 wurde er vom Kunstmagazin ArtReview zum einflussreichsten Akteur des Kunstbetriebs gekürt. Zudem zählt er zu den Gründungsmitgliedern der Akademie der Künste.

 

Hans Ulrich Obrist im Profil

Hans Ulrich Obrist gilt als eine multiversierte Persönlichkeit, welche sich für sämtliche Vorgänge und Prozesse interessiert. Er selbst spricht sechs Sprachen fließend und bildet sich permanent fort. Obrist ist für Kunst, die aus dem Rahmen fällt bekannt und hält sehr wenig davon, ein Bild einfach nur an eine weiße Wand zu hängen. Der Kurator ist der Meinung, dass man Kunst erleben muss, um diese zu verstehen. Sein Wissenshunger ist eines seiner berühmtesten Merkmale, sein natürlicher Aggregatzustand der eines neugierigen, staunenden Kindes. Obrist geht es immer um die Intention der Künstler – eine Einstellung, die ihn immer wieder mit interessanten Personen in Kontakt bringt. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte er, dass es ihm unangenehm sei, wenn Menschen nicht miteinander ins Gespräch kommen. Deshalb fungiert er quasi als Vermittler. Er stellt Künstler gegenseitig vor, damit diese sich unterhalten und so neue Netzwerke gesponnen werden.

Obrist gilt als Meister der Assoziationen, so findet er ständig Zusammenhänge in Werken und im Geschehen drumherum. Der Kurator ist ein wahrer Workaholic und versucht, idealerweise rund um die Uhr zu arbeiten. Da er international agiert, schneiden sich hier die Zeitzonen.

Früher versuchte er deshalb alle paar Stunden für einige Minuten zu schlafen, damit er faktisch den ganzen Tag erreichbar war. Nach einem Kollaps im Jahr 2006, der unter anderem auch einem Lifestyle mit bis zu 14 Tassen Kaffee täglich geschuldet war – stieg er schließlich auf grünen Tee und gelegentlichen Sport um.

Damit er auch heute dennoch rund um die Uhr erreichbar ist, hat er nun extra jemanden eingestellt der ihn nachts vertritt.

Mehr Informationen unter: https://sz-magazin.sueddeutsche.de/kunst/dauerbrenner-81137

Signums sine Tinnitu stellt in dieser Serie die einflussreichsten Künstler unserer Zeit vor. Als Galerie für zeitgenössische Kunst fördern und publizieren wir Künstler aus allen Bereichen modernen Schaffens.

 

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