Louise Bourgeois – Spinnen, Zellen und Phalli
Louise Bourgeois war eine französisch-amerikanische Künstlerin, deren umfangreiches Werk vor allem aus Skulpturen, Grafiken und Gemälden bestand. Als eine der ersten Künstlerinnen überhaupt befasste sie sich zudem eingehend mit Installationen, indem sie ihre Skulpturen in räumlichen Kontext zueinander arrangierte.
Geboren wurde L. Bourgeois am 25. Dezember 1911. in Paris schon als Kind fertigte sie vielzählige Zeichnungen an: Ihre Eltern besaßen eine Galerie für antike Textilien mit anschließender Werkstatt zur Restauration alter Stoffe, in der sie oft ihre Zeit mit Malen verbrachte. Ihr voller Name lautet Louise Joséphine Bourgeois. Nach der Schule studierte sie trotz ihres künstlerischen Talents zunächst Mathematik.
Nach dem Tod ihrer Mutter begann sie jedoch, verschiedene Kunstakademien zu besuchen, und erlernte so in der Zeit von 1936 bis 1938 die für ihre Arbeit als Bildhauerin nötigen Fertigkeiten. Unter anderen nahm sie am Unterricht in der renommierten École des Beaux-Arts teil.
In ihren Werken spiegeln sich Angst, Schmerz, Tod, aber auch viele sexuelle Aspekte. Als Erwachsene erzählte sie, sie habe in ihrer Kindheit sehr darunter gelitten, nicht genügend Aufmerksamkeit bekommen zu haben. Ihrer Meinung nach lag das vor allem an ihrem Geschlecht: „Wenn ein Junge geboren wird, dann ist die Familie glücklich. Wenn ein Mädchen geboren wird, dann findet man sich damit ab, man toleriert die Tatsache.“ Viele ihrer Kunstwerke spiegeln daher ihre innere Zerrissenheit und unaufgearbeitete – bzw. durch ihre Kunst verarbeitete – Kindheitstraumen wider.
Ihre ersten Skulpturen formte Louise Bourgeois bereits als Kind – am Esstisch, aus Brot. Sie wollte sich damit von ihrem herrischen, uneinfühlsamen Vater ablenken, der sie nicht zu Wort kommen ließ, sie am Esstisch demütigte und sie vor den anderen Familienmitgliedern bloßstellte. So formte sie ihren Vater aus Brotresten und zerstörte ihn dann – das einzige Ventil, das das gequälte Kind für seine Wut hatte, denn sich gegen den Vater aufzulehnen, das traute sie sich nicht.
Traumatisierend war die Künstlerin auch das Verhältnis zwischen ihren Eltern: Auf der einen Seite ihre sanftmütige, aber mutige Mutter, die sich oft zwischen Kind und Vater stellte und sie vor dessen Ausbrüchen beschützte – sie stellt Louise Burgeois in ihren Kunstwerken oft als Spinne dar. Nicht, um Ekel oder Widerwillen auszudrücken; Bourgeois sagte in einem Interview, dass sie Spinnen als wohlgesonnene, behütende Tiere empfinde.
Auf der anderen Seite der Vater, der die Mutter über Jahre hinweg unter dem eigenen Dach mit dem Kindermädchen betrog und sie damit genauso demütigte wie Louise selbst, der aber, wie damals üblich, Oberhaupt der Familie war, gegen das sich keiner zu wehren vermochte.
Aber – vielleicht ein Hinweis auf ihre oben zitierte Aussage über das kindliche Geschlecht – es gibt ebenfalls wahnsinnig viele sexuelle Formen und Andeutungen; weibliche Formen, phallusartige Gebilde und Szenen mit sexuellen Handlungen sind keine Seltenheit.
Im Jahr 1938 wanderte Louise Bourgeois mit ihrem Mann Robert Goldwater, einem Lehrer und Kunsthistoriker aus den USA, nach Amerika aus; während er als Kunsthistoriker arbeitete, studierte Louise an der Art Students League weiter. Nach nur kurzer Zeit kehrten die beiden nach Frankreich zurück, wo sie 1940 und 1941 ihre Söhne Jean-Louis und Alan bekamen und zusätzlich den kleinen Michel adoptierten.
Später kehrten sie in die USA zurück, wo sie einen wichtigen Teil der Kunstszene darstellten. Im Jahr 2010 starb Louise Bourgeois nach einem erfolgreichen, erfüllten Leben am 31. Mai in Chelsea.
Mehr Informationen unter: https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/louise-bourgeois/
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