Pipilotti Rist – die Pippi Langstrumpf des Elektronikteitalters
Der Künstlername „Pipilotti Rist“ ist Programm. Die 1962 als Elisabeth Charlotte Rist geborene Schweizer Künstlerin ist so unkonventionell wie das Rollenmodell. Gleichwohl ist sie eine international anerkannte Schweizer Multimedia-Art-Künstlerin geworden. Rist stammt aus Buchs im Kanton St. Gallen. Sie wuchs zusammen mit drei Schwestern und einem ebenfalls als Künstler tätigen Bruder namens Tom auf.
Dass Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf für Pipilotti Rist schon früh ein Rollenmodell wurde und die Wahl des Künstlernamens beeinflusste, ist ein Statement. Wir haben es mit einem künstlerisch begabten Freigeist zu tun. Es lag nahe, dass die Schweizer Mentalität bald zu kleingeistig für Rist werden würde.
Nach dem Abitur belegte Elisabeth Rist an der Wiener „Hochschule für Angewandte Kunst“ zunächst die Fächer Gebrauchs-, Illustrations- und Fotografik. Dann wechselte sie nach Basel, um dort die Videoklasse „Audiovisuelle Kommunikation“ der „Schule für Gestaltung“ zu besuchen. Schon früh ist das Interesse für bewegte Bilder erkennbar. Die ersten Erfahrungen sammelt die spätere Pipilotti Rist mit der Produktion von Lehr- und Werbefilmen für Großunternehmen. Außerdem arbeitete sie einige Jahre erfolgreich als Grafikdesignerin.
Bald wurde Pipilotti Rist in der Schweiz als Video- und Computer-Künstlerin tätig. Schon damals wird Rists Neigung für die Nutzung technischer Effekte sichtbar. Nebenbei betätigte Rist sich sechs Jahre lang in der Frauen-Performance-Band „Les Reines Prochaines“ als Musikerin. Die Band veröffentlichte sogar einige Schallplatten. Heute gehört Pipilotti Rist zu den weltweit einflussreichsten und erfolgreichsten Gegenwartskünstlern im Bereich der Konzept- und Videokunst.
Ihr wichtigstes Thema sind die Sinneswahrnehmungen. Diese stehen stets im Vordergrund ihrer Arbeiten, sei es durch besondere Farbintensität, eingebaute akustische Signale oder haptische Elemente. Der Weg zur berühmten Schweizer Künstlerin begann 1992 mit dem international erfolgreichen Video „Pickelporno“. Darin geht es um sinnlich verfremdete Körperformen. Zunächst entsteht der Eindruck, es handele sich um eine Art Krimi. Das eigentliche Anliegen von „Pickelporno“ war jedoch die Auseinandersetzung, wie man Sexualität und Sinnlichkeit künstlerisch ausdrücken könnte. Andere Arbeiten von Pipilotti Rist umfassten Bild-Montagen, Computerkunst oder experimentelle Filme.
1997 erhielt Pipilotti Rist mit dem „Premio 2000“ auf der Venediger Biennale die erste von vielen Auszeichnungen. Sie übernahm die künstlerische Leitung der Schweizer Landesausstellung „Expo.01“.
Ihr Ruf als provokante Videokünstlerin und Pop-Musikerin eilte Rist voraus. Sie thematisierte in ihren künstlerischen Arbeiten Themen wie Geschlechterunterschiede, Sexualität oder das Bild, das vom weiblichen Körper gezeichnet wird. In ihrem frühen Film „I’m Not The Girl Who Misses Much“ arbeitet Rist bereits mit Verfremdungen, Unschärfen, verschiedenen Film-Geschwindigkeiten, Collage-Techniken oder ungewöhnlichen Farbgebungen.
Pipilotti Rists künstlerisches Bestreben ist es, über die Irritation der Sinne Aufmerksamkeit auf ein Thema zu lenken. So tanzt sie beispielsweise in einem Video zu Beatles-Songs. Die Musik läuft allerdings schneller, als sie tanzt. Zwischen 2005 und 2009 drehte Rist einen Spielfilm mit dem Titel „Pepperminta“ – selbstverständlich nach typischer Art von Pipilotti Rist.
Heute blickt die Video- und Performance-Künstlerin auf eine lange Karriere zurück, die von zahlreichen Ehrungen und Preisen gekrönt war. Bedeutende Museen auf der ganzen Welt haben Fotoarbeiten, Installationen oder Videokunst von Pipilotti Rist angekauft. Die Künstlerin lebt in Zürich.
Mehr Informationen unter: http://pipilottirist.net
Signums sine Tinnitu stellt in dieser Serie die einflussreichsten Künstler unserer Zeit vor. Als Galerie für zeitgenössische Kunst fördern und publizieren wir Künstler aus allen Bereichen modernen Schaffens.