Melanie Bonajo – Pipi als Protest
Die Künstlerin und feministische Aktivistin Melanie Bonajo wurde 1978 in Heerlen (Niederlande) geboren. Ihre künstlerische Prägung vertiefte sie während ihres Studiums an der Gerrit Rietveld Academy in Amsterdam und einigen Kursen an der New Yorker School of Visual Arts. Im Anschluss spezialisierte sie sich auf spirituellen Mystizismus sowie religiöse Hermetik und Esoterik während eines Masters in Religionswissenschaften an der Universiteit van Amsterdam. Ihre Werke wurden nicht nur in den renommierten Kunsthäusern Palais de Tokyo (Paris), Tate Modern (London), MoMA PS1 (New York) oder dem Frankfurter Kunstverein ausgestellt, sondern auch auf Filmfestivals wie der Berlinale, dem International Film Festival Rotterdam (IFFR) oder dem International Documentary Film Festival Amsterdam (IDFA). Bonajo ist zudem Musikerin, schreibt für diverse Kunstmagazine und veröffentlicht Bücher. Sie ist zertifizierte Sex-Coach und leitet einen Kuschelworkshop.
Kernthemen ihrer Kunst
In ihren multimedialen Werken, die zumeist Performance, Musik, Fotografie, Ausstellung und Film verbinden, erforscht sie die Rolle der Frau in unserer modernen Gesellschaft sowie die Macht des weiblichen Körpers. Der Zwiespalt zwischen der Erfüllung weiblicher Schönheitsideale und dem gleichzeitigen Widerstand gegen die ästhetischen Vorschriften dieser, aber auch die Diktatur des männlichen Blicks in Kunst und Kultur ist Kernthema in Bonajos Arbeiten. Verbunden damit ist oft ein aktivistisches Moment sowie antikapitalistische Medienkritik.
Beispielhaft dafür ist etwa ihre Reihe Pee on Presidents (2012). Das Werk ist eine Slideshow mit über 200 Fotografien von Frauen, die an öffentlichen Plätzen urinieren, unterlegt mit einem Protestsong von Bonajos Band ZaZaZoZo (mit Joseph Marzolla). Laut einem Interview mit der HuffPost (https://www.huffpost.com/entry/melanie-bonajo_n_5811496), stellen die Fotos für Bonajo „kleine Springbrunnen, die zu Skulpturen werden“ dar und zeigen dabei „Gesten zurückgewonnener weiblicher Freiheit in urbanen Räumen“. Das Video wurde von der Plattform YouTube zensiert und verdeutlicht damit noch eindringlicher die Kritik Bonajos an der grundlegenden Sexualisierung des nackten weiblichen Körpers und am Ungleichgewicht der medialen Darstellung von Geschlechtern. Pee on Presidents stellt zudem, wie nahezu alle Werke Bonajos, Momente der Intimität aus und konfrontiert Zuschauer:innen dabei mit dem Thema der Einsamkeit.
Melanie Bonajo als kreative Forscherin für alternative Lebensstile
Bonajos Kunst oszilliert stetig zwischen Dokumentation und Kreation, zumal in diesem Wechsel die konstant erfahrbare Dissonanz unserer Medien und Technologie getriebenen Welt liegt. Als eines der größten Probleme unserer Zeit sieht Melanie Bonajo die „Epidemie der Einsamkeit“, die dadurch begünstigt wird, dass Menschen sich durch Technologien fälschlicherweise verbunden und sicher fühlen. In ihrer Film-Trilogie Night Soil (2014 – 2016) widmet sie sich diesem Aspekt und nutzt dabei auch ihre religionswissenschaftliche Ausbildung. Das dreiteilige Werk erforscht (vorrangig) Frauen, die als Gegenentwurf zum Leben in kapitalistischen Gesellschaften alternative und teilweise illegale Lebensstile gewählt haben. Dabei entdecken sie esoterische und mystische Verbindungen zur Natur wieder, aber auch ein befreites Verhältnis zur eigenen Sexualität (ebenfalls ein wiederkehrendes Element in Bonajos Arbeiten). Außerdem zeigen sie einen echten Weg aus der Einsamkeit auf und leeren uns einen anderen Umgang mit unserer Umwelt und unseren Mitmenschen. Die Filme wurden als multimediale Installationen in ihren jeweiligen Ausstellungsraum erweitert, da Bonajo für eine Kunst steht, die über dogmatische Stilgrenzen hinausgeht und jegliche Kunstformen erfahrbar machen soll.
Mehr Informationen unter: https://akinci.nl/artists/melanie-bonajo/
Signums sine Tinnitu stellt in dieser Serie die einflussreichsten Künstler unserer Zeit vor. Als Galerie für zeitgenössische Kunst fördern und publizieren wir Künstler aus allen Bereichen modernen Schaffens.