Thomas Hirschhorn: Kunst und Politik im öffentlichen Raum
Thomas Hirschhorn zählt zu den bekanntesten zeitgenössischen Künstlern. Seine Werke fordern heraus: zu einer Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk, dem öffentlichen Raum und der Wahrheit, die wir nicht sehen wollen.
Kunst als Event
1954 in Bern geboren, begann Thomas Hirschhorn seine künstlerische Laufbahn an der Kunstgewerbeschule in Zürich. Seit 1983 lebt und arbeitet er in Paris. Seine international anerkannten Werke finden sich in Museen und Galerien auf der ganzen Welt. Besonderer Bedeutung für sein Schaffen kommt aber dem öffentlichen Raum zu. Der Künstler stellt nicht nur sein Werk, sondern auch sein Schaffen und seine Person in den Blickpunkt. Beide treten in eine Beziehung zum Betrachter, Begriffe wie Autonomie des Kunstwerks und Urheberschafft geraten dadurch ins Wanken. Mit dem Betrachter und seiner Reaktion wird Kunst zum Event mit politischer Kraft.
Kunst als Politik
Damit Kunst diese politische Kraft entfalten kann, braucht sie nicht nur den öffentlichen Raum. Hirschhorn greift in seinen skulpturalen Installationen auf alltägliche Materialien der Massenproduktion zurück: Plastik, Karton, Paketband, Bilder aus Zeitschriften. Seine Werkstoffe sind so wenig exklusiv wie sein Publikum. Die allgegenwärtigen Alltagsgegenstände und Anleihen aus der Welt der Medien werden aus dem bekannten Umfeld herausgehoben und aufs Neue sichtbar gemacht. Der nachvollziehbar bleibende Schaffensprozess zwingt den Betrachter, Altbekanntes bewusst wahrzunehmen. Unangenehme Wahrheiten lassen sich vor diesem Hintergrund nicht mehr ausblenden. Eine Stellungnahme zu schwierigen Themen, die sich in der Gewöhnung an den Alltag ignorieren lassen, wird unvermeidlich.
Prägende Meilensteine von Thomas Hirschhorn
Zu den prägenden Einflüssen auf das Schaffen von Thomas Hirschhorn zählen Künstler wie David Hammons und Joseph Beuys, aber auch radikale Theoretiker wie Gilles Deleuze und Georges Bataille. Die Bedeutung von Künstlern, Schriftstellern und Philosophen für die Neubewertung des Alltäglichen in der Inszenierung in Form von Altären, Kiosken, Karten und Kollagen durch Hirschhorn zeigt sich besonders deutlich an einer Serie von vier Monumenten, die Spinoza (Amsterdam, Niederlande, 1999), Deleuze (La Beauté, Avignon, Frankreich, 2000), Bataille (Documenta 11, Kassel, Deutschland, 2002) und Gramsci (The Bronx, New York, 2013) gewidmet sind. Für einen Skandal sorgte 2004 die Installation „Swiss-Swiss Democracy“ im Schweizer Kulturzentrum in Paris. Die Verbindung von Folterbildern aus dem Irak mit den Wappen der Schweizer Kantone führte zu einer Kürzung der finanziellen Mittel aufgrund der schädigenden Wirkung für das Außenbild der Schweiz. Den Anspruch an Interaktion im Titel trägt der kritische Workshop What I can learn from you. What you can learn from me (Remai Modern, Saskatoon 2018).
Bereits seit Mitte der 1990er Jahre erfährt Thomas Hirschhorn internationale Anerkennung. Zahlreiche Auszeichnungen begleiten sein Schaffen, darunter der Preis für junge Schweizer Kunst 1999, der Joseph Beuys Preis 2004 und der Meret Oppenheim Preis 2018. Seine Werke finden sich in den renommiertesten Galerien und Museen auf der ganzen Welt, etwa der Kunsthalle Mannheim, dem Museum of Modern Art, MoMA in New York, der Tate Gallery in London oder dem Walker Art Center in Minneapolis. Damit ist Hirschhorn einer der aktivsten zeitgenössischen Künstler, die sowohl die politische Meinungsbildung des Einzelnen wie der Gesellschaft, als auch das Verständnis von Kunst immer neu herausfordern.
Mehr Informationen unter: http://www.thomashirschhorn.com
Signums sine Tinnitu stellt in dieser Serie die einflussreichsten Künstler unserer Zeit vor. Als Galerie für zeitgenössische Kunst fördern und publizieren wir Künstler aus allen Bereichen modernen Schaffens.