Die kenianische Künstlerin Wangechi Mutu vereint gleich drei marginalisierte Personen in sich: sie ist Frau, schwarz und lebt als Ausländerin. In ihren Arbeiten – hauptsächlich Gemälden, Skulpturen, Filmen, Installationen und Performances – setzt sie sich folgerichtig mit allen drei Rollen und Erlebniswelten auseinander.
1972 in Nairobi geboren, zeigte sich bereits in ihrer Kindheit ihr Interesse an der Kunst, und ihre Eltern förderten ihr Talent nach Kräften. Ihr Vater, der im Papierimport tätig war, konnte sie mit den erforderlichen Materialien versorgen. Von 1978 bis 1989 besuchte Mutu die Mädchenschule Loreto Convent Msongari in Nairobi. Anschließend ging sie nach Großbritannien, um in Wales am United World College Of The Atlantic zu studieren. Nach einem kurzen Aufenthalt in Nairobi zog sie in die Vereinigten Staaten und studierte Kunst am College The Cooper Union For The Advancement Of Science And Art in Manhattan. Nach ihrem Batchelor-Abschluss folgte ein weiteres Studium an der Yale University. Dort machte sie im Jahr 2000 ihren Abschluss als Master Of Fine Arts. Heute lebt und arbeitet Wangechi Mutu abwechselnd in Brooklyn und in Nairobi, wo sie im Jahr 2016 ein Studio eröffnet hat.
Über die Kunst sagt Wangechi Mutu, sie ermögliche es, „der Wahrheit eine Art Magie zu verleihen, … damit sie in die Psyche von mehr Menschen eindringen kann, auch von solchen Menschen, die nicht an dasselbe glauben wie man selbst“. Mutu nutzt in ihrem Werk verschiedene Techniken, wie etwa Collage, Video, Performance und Skulptur. In ihren großformatigen Collagen, mit denen sie am bekanntesten geworden ist, arbeitet sie vor allem mit Material aus so unterschiedlichen Quellen wie Modezeitschriften, pornografischen Magazinen, Motorradzeitschriften oder Büchern, das sie auf Kunststofffolien montiert und so zu Bildern zusammenfügt. Ihre Skulpturen hingegen sind oftmals ganz klassisch in Bronze gegossen.
Wangechi Mutu Themen
Thematisch umkreisen ihre Arbeiten Felder wie Geschlechterrollen, Kolonialismus und Globalisierung, Rasse und Umweltzerstörung. So beschäftigt sie sich mit der Frage, wie Frauen in den Medien dargestellt werden und wie sie von der Gesellschaft gesehen werden, aber auch damit, wie Frauen sich selbst wahrnehmen und welches Bild die Gesellschaft von sich hat. Mutu thematisiert die starke Objektifizierung besonders schwarzer weiblicher Körper und stellt Frauen dabei in einer phantastischen Natur dar, um die fiktive Natur der exotisierenden Darstellung schwarzer Frauen in der Gesellschaft hervorzuheben. Den Eindruck der Objektwerdung verstärkt Mutu oftmals noch, indem sie Mischwesen aus Mensch, Tier, Pflanze und Maschine erschafft.
Auch den menschengemachten Katastrophen unserer Zeit und deren Folgen widmet sich Mutu. So verarbeitete sie in ihrem Werk „Pin-Up“ von 2001 den elf Jahre dauernden Bürgerkrieg in Sierra Leone mit einer Reihe von zwölf Bildern, die zunächst nur Frauen in erotischen Posen darzustellen scheinen. Erst auf den zweiten Blick erkennt der Betrachter, dass alle Frauen durch Narben, fehlende Gliedmaßen und sonstige Entstellungen gezeichnet sind. Auf teils ähnliche Weise setzte Mutu sich 2014 in Zusammenarbeit mit der Dichterin Juliane Okot Bitek in „100 Days“ mit dem hundert Tage währenden Völkermord in Ruanda von 1994 auseinander. Als Medium hierfür wählte sie die Social-Media-Plattform Instagram. Die Werke der vielfach ausgezeichneten Künstlerin finden sich heute in bedeutenden Museen, Galerien, Ausstellungen und Sammlungen in aller Welt.
Im Jahr 2014 gründete Mutu die Charity-Organisation Africa’s Out!, um „mit der Kraft von Kunst und Aktivismus“ Künstler, Initiativen und Organisationen in Afrika und der afrikanischen Diaspora zu fördern, die für die Freiheit des kreativen Ausdrucks eintreten.
Mehr Informationen unter: www.saatchigallery.com/artist/wangechi_mutu
Signums sine Tinnitu stellt in dieser Serie die einflussreichsten Künstler unserer Zeit vor. Als Galerie für zeitgenössische Kunst fördern und publizieren wir Künstler aus allen Bereichen modernen Schaffens.